Informationen zum Prozess der Erstellung Kulturpolitischer Leitlinien für den Landkreis Marburg-Biedenkopf 2017
Der 1993 veröffentlichte und 1995 aktualisierte Kulturrahmenplan Marburg-Biedenkopf war bundesweit die zweite Kulturplanung eines Landkreises und konnte zu größten Teilen umgesetzt werden. Auch nach so vielen Jahren lässt sich darauf immer noch teilweise aufbauen. Seit den 1990er Jahren funktioniert die Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden mit dem Landkreis Marburg-Biedenkopf im Kulturbereich sehr gut. Das liegt zu einem großen Anteil daran, dass der Landkreis mit seinen Angeboten insbesondere „Überörtlichkeit“ im Blick hat, also bei seinen Veranstaltungen die Kulturschaffenden und Interessierten aus allen Kommunen grundsätzlich mit einbindet sowie Vernetzungen fördert und allgemeine Förderungen der Kulturarbeit im Kreis übernimmt.
Wichtig ist es, dass der Kreis mit seinen Angeboten nicht in Konkurrenz zu bereits vorhandenen Angeboten der Städte und Gemeinden steht, sondern vielmehr versucht, koordinierend, beratend und ergänzend tätig zu werden.
Für die aktuelle Erarbeitung der kulturpolitischen Leitlinien des Kreises geht es vor allem darum, die kulturpolitische Ausrichtung unter Einbeziehung der politischen Gremien, der Kulturverwaltung, der Kulturschaffenden und der Bürgerinnen und Bürger neu auszurichten und zu aktualisieren.
Kulturarbeit ist jedoch auch nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr ist dieser Bereich nicht nur ein bedeutsamer weicher Standortfaktor, sondern er ist wichtiger Teil der Zukunftsorientierung des Kreises und bietet Schnittmengen zu anderen Bereichen, wie etwa zum Tourismus, zur Kreisentwicklung, zur Wirtschaft oder zur Universität, um nur einige Beispiele zu nennen. Längst ist der „Konkurrenzkampf der Regionen“ um Menschen, Arbeitsplätze und Zukunftschancen voll im Gange. Eine Vielzahl von Verbesserungen im Landkreis in den letzten Jahren, nicht zuletzt die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet sowie die gute Beschäftigungsstruktur, haben die allgemeinen Rahmenbedingungen für den Landkreis erheblich verbessert. Hier lässt es sich gut leben!
Als nicht zu unterschätzender weicher Standortfaktor gehört das Kulturangebot des Kreises mit dazu. Betriebe (in kleinerem Umfang), Familien, Paare und Einzelpersonen schauen aber neben den Arbeitsmöglichkeiten, der Versorgung mit schnellem Internet, den schulischen und den Kindergarten-Angeboten auch nach dem Kulturangebot. Und das ist ein Angebot auf Kreisebene, das sich sehen lassen kann (auch im hessenweiten Vergleich). Nicht nur, weil in der Universitätsstadt Marburg ein für die Größe der Stadt sehr umfangreiches und vielfältiges Kulturangebot existiert, sondern weil durch eine ausgeprägte Vereins- und Kulturinitiativen-Struktur im gesamten Landkreis eine Vielzahl an Betätigungsfeldern und Angeboten im Kulturbereich auf Kreisebene angeboten werden.
Wie ist die Ausgangslage?
Der Weg zu einer strategischen Entwicklung in der Kulturpolitik ist für alle Beteiligten anspruchsvoll. Ein wichtiger Schritt ist es dabei, die im Kulturbereich engagierten Menschen und Institutionen im Landkreis mit ihren Anliegen ernst zu nehmen und ihre Arbeit entsprechend zu würdigen. Das gilt auch für die im Kulturbereich aktiven Politikerinnen und Politiker, die ebenfalls fast ausschließlich ehrenamtlich aktiv sind!
Es ist der Wunsch, mit einer interfraktionellen Arbeitsgruppe (aus Vertretern der Parteien im Kreistag und Kreisausschuss) gemeinsam mit der Öffentlichkeit zu erarbeiten, welche Ziele im Kulturbereich des Kreises in den nächsten Jahren erreicht werden sollen. Es geht dabei um die Entwicklung von Leitlinien und Zielen für eine angestrebte Zukunftsorientierung der Kulturpolitik und der Kulturverwaltung und damit auch der Erarbeitung von Steuerungs- und Überprüfungsmöglichkeiten.
Bei der öffentlichen Kulturkonferenz am 20. Mai 2017 wurden in mehreren Arbeitsschritten Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken herausgearbeitet. Zudem konnten viele Wünsche für die Kulturarbeit des Kreises benannt werden. Die Veranstaltung am 20. Mai verlief sehr erfolgreich und die Ergebnisse fließen in die weitere Planung mit ein und werden auf der Beteiligungsplattform veröffentlicht.
Kulturworkshop mit der Politik (29.5.17)
Auf Einladung von Landrätin Kirsten Fründt wurden Politikerinnen und Politiker zur Teilnahme an der ersten Leitlinien- und Zielentwicklung eingeladen. Diese Gruppe umfasste 12 Personen aus der Politik. Die Kreistagsfraktionen wählten ihre Teilnehmer selbst aus. Diese sollten dauerhaft am Zielfindungsprozess beteiligt sein.
Die Ergebnisse der Kulturkonferenz wurden hier nochmals eingehend besprochen. Das Herausarbeiten der Trägerschaften und Beteiligungen des Landkreises im Kulturbereich (inklusive Eigenbetrieb Jugend- und Kulturförderung) gehörte mitsamt der jeweiligen Vorstellung der Einrichtungen ebenfalls zum Workshop.
Die im Politik-Workshop erarbeiteten Anregungen und Hinweise werden vom Fachdienst Kultur und Sport zusammen mit den Ergebnissen und Anregungen der Online-Diskussion in ein Konzept aufgenommen, das zusammen mit den Ergebnissen der Kulturkonferenz die Basis für die Leitliniendiskussion bildet.
Die Einbeziehung der Online-Plattform im Juli dient dazu, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Anliegen und Ziele unabhängig von der Teilnahme an der Kulturkonferenz oder der Leitlinienkonferenz zu formulieren. Damit werden möglichst vieler Akteure und Institutionen im Kulturbereich einbezogen und eine Diskussion über die öffentlichen Veranstaltungen hinaus ermöglicht.
Nach den Sommerferien gibt es am 20. September 2017 eine öffentliche Leitlinienkonferenz. Hier geht um das Herausarbeiten der wichtigsten Ziele und um eine erste Priorisierung der Ziele. Anschließend wird die Interfraktionelle Arbeitsgruppe zusammen mit der Kulturverwaltung die erarbeiteten Ziele politisch formulieren. Diese werden dann nochmals online öffentlich zur Diskussion gestellt, sodass Einflussmöglichkeiten weiter gegeben sind.
Bis zum Herbst können dann noch Änderungen eingepflegt werden. Die fertigen Leitlinien sollten im November / Dezember 2017 dem Kreisausschuss und dem Kreistag zur Entscheidung vorgelegt werden können.
Mit diesem offenen Verfahren will der Landkreis nicht nur eine neue Aufbruch- und Mitwirkungsstimmung erzeugen, sondern es geht auch darum, die vielfältigen Kompetenzen und Erfahrungen der Kulturschaffenden einzubinden. Zudem geht es darum, den Entscheidungsfindungsprozess offen, transparent und nachvollziehbar zu gestalten.
Die kulturpolitischen Leitlinien werden die wichtigste Informations- und Entscheidungsbasis für die Kulturpolitik des Kreises in den nächsten Jahren sein.